Coaching: Möglichkeiten und Grenzen

17. Januar 2019

Julia Kirchner hat für die dpa einen Artikel mit dem Titel “Was Coaching alles kann – und was nicht” geschrieben, der u. a. in der Rhein Neckar Zeitung und kürzlich im Hamburger Abendblatt zu lesen war. In vielen Aspekten hat mir Frau Kirchner aus dem Herzen gesprochen, insbesondere mit den Feststellungen: Der Markt für Coachings gleicht einem Dschungel und Coaching ist kein Allheilmittel!

Sobald Sie die erste Hürde genommen und einen Termin mit einem Coach* verabredet haben, stellen sich weitere Fragen:

  • „Wie ist die „persönliche Passung“?“
  • „Wohin soll die gemeinsame Arbeit führen?“
  • „Was bin ich selbst bereit zu tun?“

Die letzte Frage ist vielleicht die entscheidende. So banal es klingen mag: Nur Sie können Weichen stellen, Veränderungen anstoßen und sich neues Terrain erobern! Dabei kann die Unterstützung, z. B. durch einen Coach, sehr sinnvoll und eine gute Investition in das eigene Wohlbefinden sein!

Ein Coaching ist immer eine Koproduktion von Klient und Coach – man könnte den Coach als eine Art Geburtshelfer in schwierigen beruflichen oder persönlichen Situationen bezeichnen.

Was dürfen Sie – neben fachlicher Qualifikation – von einem Coach erwarten?

  • Der Coach sollte Ihnen unbedingt wertschätzend entgegentreten.
  • Er sollte sich bemühen, Ihre Situation zu erfassen und Ihr Anliegen zu erkennen.
  • Er sollte Ihnen einen Gesprächsraum eröffnen, in dem alles erlaubt ist und aus dem nichts ohne vorherige Absprache nach außen dringt.
  • Er sollte mit Ihnen erkunden, wo Ihre Stärken und Potenziale liegen.
  • Er sollte mit Ihnen gemeinsam Strategien erarbeiten, die zu Ihnen und Ihren persönlichen Fähigkeiten passen.
  • Wenn er Ihnen eine kritische Rückmeldung gibt, sollte dies nicht verletzend sein.
  • Manchmal wird er Ihnen unbequeme Fragen stellen – Sie wissen ja: Beim Waschen wird der Pelz nass …
  • Und: Ein seriöser Coach wird im Zweifel auch die Grenzen eines Coachings benennen, denn er weiß, was er kann – und was nicht!

Was sind nun Ihre „Aufgaben“?

  • Prüfen Sie zunächst, ob Sie mit genau diesem Coach zusammenarbeiten möchten. Auch Coaches bringen ihre Persönlichkeit mit: Während die eine forsch daherkommt, ist der andere evtl. zurückhaltend – beides kann hilfreich sein.
  • Stellen Sie sich die Frage, ob Sie sich dieser Person anvertrauen können. Können Sie ihr „reinen Wein einschenken“? Wenn Sie wesentliche Aspekte Ihrer Situation verschweigen, könnte dies ein Eigentor werden.
  • Wenn Sie eine – wertschätzend geäußerte – Kritik bekommen, prüfen Sie bitte, ob etwas daran sein könnte!
  • Und scheuen Sie sich nicht, selbst Rückmeldungen zu geben! Auch ein Coach ist darauf angewiesen, dass Sie ihm sagen, wie Sie ihn bzw. seine Äußerungen erleben.

Noch ein paar Überlegungen zur „inneren Haltung“, denn sie spielt im Coachingprozess eine zentrale Rolle:

  • Sie dürfen alles infrage stellen – was nicht heißt, dass Sie alles verändern müssen!
  • Seien Sie neugierig auf das, was sich zeigt! Der Coachingprozess ist „ergebnisoffen“, das macht seinen großen Charm aus.
  • Sie dürfen mutig sein und das (scheinbar) Unmögliche äußern. Denken ist primär ungefährlich!
  • Seien Sie bereit, eingefahrene Bahnen zu verlassen! Sie müssen deshalb nicht gleich alles „auf links drehen“ …
  • Werden Sie kein „Trockenschwimmer“: Irgendwann ist es an der Zeit zu handeln!
  • Und: Legen Sie sich nicht zu früh auf ein bestimmtes Ergebnis fest! Wenn Sie am Ende des Reflektionsprozesses feststellen, dass es im Wesentlichen bleiben darf, wie es ist, dann kann das ein sehr gutes Ergebnis sein. Frau Kirchner schreibt – wie ich finde, zu Recht – dass wir manchmal vergessen, unseren Blick auf das zu richten, was in unserem Alltag am Arbeitsplatz oder im Privatleben gut ist.

Fazit: In schwierigen Situationen kann Coaching ein sehr effizientes „Werkzeug“ sein! Insbesondere, wenn Coach und Klient gut zusammenarbeiten und ihre jeweiligen “Aufgaben” erfüllen. Coaching ist Arbeit, streckenweise anstrengend und unbequem, aber auch lebendig und bereichernd. Coaching gleicht einer Expedition, einem Aufbruch zu neuen Ufern und in unbekanntes Terrain. Mit ein wenig Entdeckergeist werden Sie oftmals staunen!

 

* Ich verzichte in meinen Texten auf die permanente Nennung beider Geschlechter. Selbstverständlich gibt es Coaches und Klienten beiderlei Geschlechts! Gleichberechtigung ist für mich eine Frage der inneren Haltung.



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